Das Berliner Testament ist eine bestimmte Grundkonstruktion eines gemeinschaftlichen Testaments (Ehegattentestament). Der Inhalt kann auch im Rahmen eines Erbvertrags geregelt werden.
Beim klassischen Berliner Testament setzen sich die Ehegatten gegenseitig zu Alleinerben ein. Der überlebende Ehegatte erhält folglich das gesamte Vermögen. Ferner regeln die Ehegatten, dass nach dem Tod des längerlebenden Ehegatten die Kinder Erben (sogenannte „Schlusserben“) werden sollen. Die beiden Erbeinsetzungen entfalten im Verhältnis zueinander häufig Bindungswirkung, sodass der längerlebende Ehegatte das Testament nach dem Tod des Erstversterbenden grundsätzlich nicht mehr abändern kann.
Je nach Ausgestaltung werden insbesondere zwei Fallgestaltungen des Berliner Testaments unterschieden:
1.
Die sogenannte Einheitslösung:
Bei dieser setzen sich die Ehegatten im ersten Schritt zu unbeschränkten Vollerben und die Kinder im zweiten Schritt zu Schlusserben ein (wie oben geschildert). Der längerlebende Ehegatte erbt also erst einmal alles. Die Kinder sind beim ersten Erbfall faktisch enterbt. Die Vermögensmassen beider Ehegatten verschmelzen mit dem Tod des Erstversterbenden zu einer Einheit (daher „Einheitslösung“). Nach dem Tod des letztversterbenden Ehegatten erwerben die Kinder den gesamten Nachlass. Da sich der gesamte Nachlass infolge des Vorversterbens des ersten Ehegatten bei dem Längerlebenden vereinigt hat, erben die Kinder den gesamten Nachlass nur vom letztversterbenden Elternteil. Dies ist erbschaftsteuerlich nachteilig.
Bei dieser Gestaltung ist der längerlebende Ehegatte gut abgesichert. Hingegen sind die Kinder dem Risiko ausgesetzt, dass der überlebende Ehegatte das gesamte Vermögen zu seinen Lebzeiten verbraucht. Die Kinder könnten vor diesem Hintergrund auf die Idee kommen, nach dem Tod des Erstversterbenden (hinsichtlich dessen Nachlass sind die Kinder enterbt) ihren Pflichtteil gegen den Längerlebenden geltend zu machen. Dies kann zu erheblichen Streitigkeiten führen.
Dies kann durch eine sogenannte Pflichtteilsstrafklausel (oder Jastrowsche Klausel) in der Regel verhindert werden.
2.
Die sog. Trennungslösung:
Bei dieser Variante greifen die Ehegatten auf das Instrument der Vor- und Nacherbschaft zurück. Der überlebende Ehegatte wird zunächst Vorerbe. Mit dem Tod des Zweitversterbenden werden die Kinder Nacherben (des Erstversterbenden) und zugleich normale Erben (des Zweitversterbenden). Bei dieser Gestaltung kommt es zu keiner Vermögensverschmelzung nach dem Tod des Erstversterbenden. Vielmehr spaltet sich das Vermögen des Längerlebenden nach dem Tod des Erstversterbenden in ein „Sondervermögen Vorerbschaft nach dem Erstversterbenden“ und das (unveränderte) Eigenvermögen des Längerlebenden, sodass beim Längerlebenden zwei getrennte Vermögensmassen entstehen (daher „Trennungslösung“). Mit dem Tod des Längerlebenden geht einerseits das „Sondervermögen Vorerbschaft nach dem Erstversterben“ als Nacherbschaft auf die Kinder über (bezüglich dieses Teils werden die Kinder also Nacherben des Erstversterbenden) und andererseits das Eigenvermögen des Längerlebenden als normale Erbschaft auf die Kinder über (bezüglich dieses Teils werden die Kinder also Erben des Letztversterbenden).
Bei der Trennungslösung gelten die Kinder nach dem Tod des Erstversterbenden nicht als „enterbt“, weil sie als Nacherben vorgesehen sind. Allerdings können die Kinder die Nacherbschaft grundsätzlich ausschlagen und stattdessen ihren Pflichtteil geltend machen. Auch hier empfiehlt sich folglich eine Pflichtteilsstrafklausel im Testament.
Entgegen oft (auch unter Rechtsanwälten) vertretener Auffassung, ist auch die Trennungslösung gegenüber alternativen Gestaltungen erbschaftsteuerlich nachteilig.
3.
Ob Seitens der Ehegatten eine Einheits- oder Trennungslösung beabsichtigt war, ist im Erbfall in der Praxis oftmals eine Frage der Auslegung des Testaments. Sofern auch nach Auslegung kein hinreichender Wille ermittelt werden kann, welche der beiden Lösungen gewollt war, ist im Zweifel von der Einheitslösung auszugehen.
4.
Das klassische Berliner Testament ist sowohl in der Einheitslösung als auch in der Trennungslösung erbschaftsteuerlich nachteilig. Bei fachkundiger Gestaltung kann durch ergänzende Regelungen im Testament die Erbschaftsteuer oftmals vermieden bzw. zumindest erheblich reduziert werden.