Bindungswirkung beim gemeinschaftlichen Testament

Nicht nur Erbverträge, sondern auch gemeinschaftliche Testamente (Ehegattentestamente) können sogenannte Bindungswirkung entfalten. Anders als beim Erbvertrag werden die Verfügungen im Ehegattentestament, die Bindungswirkung entfalten, nicht vertragsmäßige Verfügungen, sondern wechselbezügliche Verfügungen genannt. Vertragsmäßige und wechselbezügliche Verfügungen sind jedoch miteinander vergleichbar. Beide erfolgen aufgrund einer vereinbarten Gegenleistung bzw. aufgrund einer von dem jeweils anderen getroffenen Verfügung.

Wechselbezügliche Verfügungen liegen zum Beispiel vor, wenn sich die Ehegatten gegenseitig als Erben einsetzen und die Kinder als Schlusserben einsetzen (siehe hierzu auch „Berliner Testament“). Die Erbeinsetzung des Ehegatten und die Schlusserbeinsetzung der Kinder sind zueinander wechselbezüglich, da im Zweifel anzunehmen ist, dass der Erstversterbende die Kinder bei seinem eigenen Erbfall nur deshalb „enterbt“ hat, weil er sichergehen konnte, dass die Kinder Erben nach dem Tod des Letztversterbenden werden.

Zu Lebzeiten beider Ehegatten können wechselbezügliche Verfügungen einseitig nur durch notariell beurkundete Erklärung gegenüber dem anderen Ehegatten widerrufen werden, damit dieser gegebenenfalls auf die Testamentsänderung reagieren kann.

Nach dem Tod des ersten Ehegatten können wechselbezügliche Verfügungen grundsätzlich nicht mehr geändert werden (Bindungswirkung), da der Verstorbene nicht mehr auf die Änderung reagieren kann. Ein nachträgliches anderslautendes Testament ist insoweit unwirksam.

Wichtig zu wissen ist, dass die Ehegatten im Rahmen ihres gemeinschaftlichen Testaments die Bindungswirkung (oder deren Entfallen) regeln können. Sofern keine Regelung hierzu getroffen wird, ist im Zweifel oftmals von einer Bindungswirkung auszugehen.

In der Praxis entsteht der Streit über die Bindungswirkung oftmals erst nach dem Tod des Zweitversterbenden; der Streit entbrennt dann in der Regel zwischen den Erben aus dem Ehegattentestament und den Erben aus einem etwaigen späteren Testament des Zweitversterbenden. Oftmals ist in diesen Fällen das spätere Testament unwirksam.

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