Der Pflichtteil ist eine grundsätzlich nicht entziehbare Mindestteilhabe nächster Angehöriger am Nachlass.
Das Pflichtteilsrecht schränkt den Erblasser in seiner Testierfreiheit ein. Selbst wenn er nahe Angehörige testamentarisch enterbt, steht diesen oftmals ein Pflichtteilsanspruch zu. Dies lässt sich nur in sehr engen Grenzen verhindern (siehe hierzu: Pflichtteilsverzicht, Pflichtteilsentziehung und Pflichtteilsbeschränkung). Durch frühzeitiges Handeln lässt sich die Höhe des zukünftigen Pflichtteils allerdings gegebenenfalls reduzieren.
Rechtlich kann der Erblasser den Pflichtteilsberechtigten enterben. Letzterer wird dann kein Erbe und kein Mitglied der Erbengemeinschaft. Er hat somit keine Mitbestimmungsmöglichkeit in Bezug auf den Nachlass. Allerdings steht dem Pflichtteilsberechtigten gegen den / die Erben ein Zahlungsanspruch (=Pflichtteil) in Höhe des Wertes seiner Pflichtteilsquote am Nachlass zu.
Die Pflichtteilsquote entspricht der Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Sie muss also auf Grundlage der (hypothetischen) gesetzlichen Erbfolge ermittelt werden.
Voraussetzung des Pflichtteilsanspruchs ist zunächst, dass die Person pflichtteilsberechtigt ist. Pflichtteilsberechtigt sind Abkömmlinge (Kinder, Enkel, Urenkel usw.), Eltern, Ehegatten und eingetragene Lebenspartner des Erblassers. Wie bei der gesetzlichen Erbfolge schließen auch hier lebende nähere Abkömmlinge (Kinder) entferntere Abkömmlinge (Enkel, Eltern) grundsätzlich aus. Der Ehegatte ist immer pflichtteilsberechtigt.
Geschwister, Großeltern, Neffen und Nichten, Cousins und Cousinen sind hingegen nicht pflichtteilsberechtigt.
Weitere Voraussetzung des Pflichtteilsanspruchs ist, dass der Pflichtteilsberechtigte enterbt ist bzw. im Wege der Erbfolge weniger als seine Pflichtteilsquote erhält.
Rechtlich besteht der Pflichtteil aus einem Bündel verschiedener Ansprüche, die im allgemeinen Sprachgebrauch als Pflichtteil zusammengefasst werden. Neben dem regulären Pflichtteil (im Falle der vollständigen Enterbung) gibt es beispielsweise den Zusatzpflichtteil (soweit der Berechtigte mit einer seine Pflichtteilsquote unterschreitenden Erbquote als Erbe eingesetzt ist) und die sogenannten Pflichtteilsergänzungsansprüche (soweit der Erblasser den Nachlass durch lebzeitige Schenkungen bewusst ausgehöhlt und somit den regulären Pflichtteil verringert hat).
Zur Ermittlung der Höhe des konkreten Zahlbetrages stehen dem Pflichtteilsberechtigten Auskunftsansprüche (insbesondere gegen den / die Erben) zu.
Der Anspruch entsteht mit dem Erbfall und kann grundsätzlich sofort verlangt werden.
Zur Vermeidung zukünftiger Streitigkeiten im Falle einer geplanten Enterbung kann versucht werden, mit dem (zukünftig) Pflichtteilsberechtigten einen Pflichtteilsverzicht zu vereinbaren.
Gerade im unternehmerischen Bereich können Pflichtteilsansprüche aufgrund des hohen Liquiditätsbedarfs ruinöse Folgen für einen Betrieb oder ein Unternehmen haben.